20030817 01 Tornado Huettwilen TG

Aus Schweizer Sturmarchiv
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Quick Info
Datum: 17.08.2003
Uhrzeit: ca. 22.00 Uhr Lokalzeit
Ort: Hüttwilen (TG)
Koordinaten: 707400 / 273600
Zugrichtung: Aus 240 Grad
Stärke: F1 (T2)


Eine Gewitter- und Sturmfront hat am Sonntagabend, den 17. August 2003 die Schweiz von West nach Ost überquert. Dabei waren die stärksten Auswirkungen in der Westschweiz, vor allem im Kanton Genf, zu spüren. Wir zitieren einen Artikel in der NZZ wie folgt: "Die Feuerwehr im Kanton Genf musste nach eigenen Angaben zwischen 120 und 130 Mal ausrücken. Bäume wurden ausgerissen, Dächer beschädigt und Keller liefen voll, wie ein Sprecher des «service d' incendie et de secours de genève» erklärte."

Im Schweizer Sturmforum hat Michael Graf über Sturmschäden bei Hüttwilen berichtet. Hausdächer wurden beschädigt, ein Apfelbaum wurde entwurzelt, einige Meter weggetragen und verkehrt wieder abgesetzt, ein verankerter Kinder-Swimmingpool wurde über ein Haus getragen, und ein Ast wurde mindestens 40m weit geschleudert und auf einer Stromleitung abgesetzt. Dadurch entstand in der Umgebung ein Stromunterbruch, der bis zu 2 Stunden dauerte.

Die Schadensspur war schmal und auf einer Linie:



Aufgrund der Schadensbeschreibung kann das Ereignis als F1 (T2) eingestuft werden. Die schmale Schadenspur deutet auf einen Tornado hin. Da das Ereignis bei Dunkelheit auftrat (ca. 22 Uhr, Beginn des Stromausfalls), gibt es keine Augenzeugen. Die Annahme eines Tornados wird auch durch die Doppler-Radarmessungen des ETH-Radars gestützt. Im folgenden zeigen wir zwei Animationen:

1. Eine Animation der Radarreflektivität in der fraglichen Zeitspanne



2. Eine Animation der Dopplergeschwindigkeit in der fraglichen Zeitspanne



Die Radaranimationen können wie folgt interpretiert werden:

- Eine sich abschwächende Gewitterlinie mässiger Intensität näherte sich von SW dem Radarstandort
- Die Gewitterlinie ist auch in den Bildern der Dopplergeschwindigkeit als markante "Böenfront" erkennbar
- Ab 21.40 Uhr bildete sich eine zweite Gewitterlinie, etwa 20-30 km vor, d.h. nordöstlich der alten, zerfallenden Gewitterlinie
- Innerhalb dieser zweiten Gewitterlinie entstand eine kräftige aber kurzlebige Gewitterzelle
- Diese Gewitterzelle überquerte kurz vor dem Zerfall Hüttwilen (ca. 22 Uhr)
- Um diese Zeit zeigte sich im Bild der Dopplergeschwindigkeit eine klare Vortex-Signatur (siehe Grafik unten)
- Die Vortex-Signatur kann über drei sich folgende Doppler-Bilder hinweg verfolgt werden, ist aber um 22 Uhr am stärksten ausgeprägt, also genau zu dem Zeitpunkt, als sich die Gewitterzelle über Hüttwilen hinweg bewegte und der Strom ausgefallen ist
- Die Vortex-Signatur hat ca. 2 km Durchmesser, und die max. Differenz der Doppler-Geschwindigkeit innerhalb der Signatur ist knapp 20 m/s



Wie üblich, kann das Radar einen allfälligen Tornado nicht auflösen, der ja vielleicht 100 m Durchmesser hatte. Es zeigt sich aber immerhin, dass ein grösserskaliger Wirbel vorhanden war ("Misozyklone"), welcher die Bildung eines Tornados zumindest gefördert hat. Wir vermuten, dass sich der Tornado im rotierenden Sog des Aufwindes der Zelle formierte. Schwierig zu beurteilen ist der Einfluss eines allfälligen Abwindes.